[Npfreiraum] Studentischer Freiraum am Neuen Palais
Vivien Pejic
vpejic at uni-potsdam.de
Mi Apr 14 13:05:40 CEST 2021
Sehr geehrte Senatsmitglieder,
ich möchte Sie hiermit zu den letzten Entwicklungen bezüglich des
studentischen Freiraums am Neuen Palais, insbesondere zu der Behauptung,
der geplante Wanddurchbruch sei unwirtschaftlich informieren und dazu
Stellung nehmen.
Diese Behauptung hatte Unipräsident Günther zuerst auf der Senatssitzung
am 17.02. gemacht. Um sie besser nachvollziehen zu können, hatte ich als
Mitglied des Senats von meinem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht und nach
Einsicht in die genaue Kostenrechnung gefragt.
Leider konnte die Behauptung jedoch nicht durch konkrete Rechnungen und
Kostenaufschlüsselungen belegt werden. Dabei hingen die Kosten laut
Unileitung auch von der Statik des Gebäudes ab. Doch auch ein
Statikgutachten, das die Kostenkalkulation ermöglichen würde, sei
unwirtschaftlich. Die gesamte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die
immerhin mehrere Monate gedauert hat, soll also auf den folgenden Text
hinauslaufen?
/"//Zur Wirtschaftlichkeit:///
/Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit musste vom bereits erreichten
Baufortschritt ausgegangen werden. Die nachträgliche Umstellung des
Konzepts hätte erhebliche zusätzliche Maßnahmen erfordert: im Mauerwerk
der Wand verlaufen Leitungen für die Elektro- und Datenversorgung beider
Räume. Diese Installationen müssten aufwändig zurückgebaut werden und
die benötigten Daten- und Stromanschlüsse für die Nutzung der Räume
stünden nicht mehr zur Verfügung oder müssten nachträglich an anderer
Stelle neu installiert werden. Die gesamte Akustikdecke in beiden Räumen
müsste bei Abrissarbeiten an der massiven Trennwand gegen Feinstaub
gesichert werden. Dies alles hätte zu erheblichen Mehrkosten geführt. /
//
/Hinweis: Die Verpflichtung zum wirtschaftlichen Mitteleinsatz gilt
ebenso für die vom AStA verwalteten Mittel (studentische
Beitragsgelder!). Die Zusage des AStA /[sic!, Anm.: Das
Studierendenparlament hatte diese Zusage ohne Gegenstimme
beschlossen.]/, die Mehrkosten zu übernehmen, verbessert somit nicht die
Wirtschaftlichkeit."/
Bei der Rechtsaufsicht der Studierendenschaft der Uni Potsdam, die eine
Teilkörperschaft öffentlichen Rechts ist, gelten die Vorgaben
<https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMF-IIA3-20131220-H-06-01-2-KF-002-A001.pdf>
des Bundesfinanzamts zur Wirtschaftlichkeitsprüfung. Analog müssen hier
die Ziele von finanzwirksamen Maßnahmen klar aus den Aufgaben der
Studierendenschaft ableitbar sein. (vgl. S.12) Bei Förderungsmaßnahmen,
die sich einer primär monetären Bewertung entziehen, werden diese Ziele
verbal beschrieben und operationalisiert. (vgl. S.21) Dies hätte
bestenfalls in Abstimmung mit der Studierendenschaft geschehen sollen,
ist jedoch gar nicht passiert.
Dabei entsprechen die Ziele des Projekts klar den Aufgaben der
Studierendenschaft nach §16 BbgHG, wie erstens der Förderung der
politischen Bildung eines staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins,
weiterhin der Förderung der geistigen und musischen Interessen sowie der
sozialen, kulturellen und fachlichen Belange der Mitglieder der
Studierendenschaft und außerdem der Integration ausländischer
Studierender. All diese Aufgaben erfordern die entsprechende
Infrastruktur auf den Campus.
Es ist die Aufgabe Herrn Günthers, als Rechtsaufsicht nach oben
genannten Maßstäben eindeutig nachweisen zu können, dass die
Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist. Insbesondere in diesem Fall, in
dem er dies als Grund anführt, aus dem das Projekt nicht verwirklicht
werden kann. Stellen Sie sich vor, Ihnen würde auf ähnliche Weise nur
auf Basis von Vermutungen ohne konkrete Zahlen die Finanzierung eines
Projekts an Ihrem Institut oder an Ihrer Fakultät, das Ihnen wichtig
ist, verweigert.
Wir Studierenden glauben deshalb, dass die Ablehnung tatsächlich leider
politisch motiviert war. Herr Günther hat zwar angezweifelt, dass der
Senat das Recht hat, ihm eine Empfehlung für den Wanddurchbruch zu
geben. Dabei hat der Senat Aufsichtsrecht über den Präsidenten bei der
Erfüllung seiner Aufgaben. Eine gute demokratische Führungsperson einer
öffentlichen Hochschule sollte das Urteil von wichtigen Organen wie dem
Senat jedoch ohnehin wertschätzen und sich aufrichtig damit
auseinandersetzen.
Die einzigen nicht-juristischen möglichen Hindernisse, die Herr Günther
vorgebracht hat, waren jedoch weniger Arbeitsplätze, Stauraum und eine
angeblich schlechtere Organisation des Raums. Dabei wurde erneut nicht
auf die in den vergangenen Jahren mehrfach genannten Punkte eingegangen,
dass Arbeitsplätze in der Bibliothek und der Self-Learning-Zone neben
der Cafeteria bereits zur Verfügung stehen und tatsächlich durch die
schlecht geplanten Zugänge durch den Unishop eine schlechtere
Organisation des Raums zu erwarten ist, die auch bereits von Frau Herbst
selbst erwähnt wurde.
Aktuell scheinen deshalb vonseiten des Universitätspräsidenten ein nicht
akzeptables mangelndes Interesse an den Bedürfnissen der Studierenden,
aber auch Missachtung der Meinung des Senats und von Senatsmitgliedern
vorzuherrschen. Ich möchte Herrn Günther aber gerne einladen, uns in der
Studierendenschaft noch vom Gegenteil zu überzeugen und hoffe, dass die
obige Nennung der Aufgaben der Studierendenschaft und der Gründe für den
Freiraum dabei hilft, bald noch die richtige Entscheidung zu treffen und
auf dem Campus Neues Palais Raum für ein lebenswertes Studium zu schaffen.
Die aktuellen gesellschaftlichen Strukturen und Verhaltensweisen sind
auf Kosten meiner Generation, die in in den nächsten Jahrzehnten vor
viele massive Herausforderungen und Krisen gestellt wird. Um z.B. die
Klimakrise bewältigen zu können, werden wir viel Verantwortung
übernehmen und neue Strategien miteinander aushandeln müssen.
Kooperation lernen wir aber nicht, wenn wir nicht uns nicht über
Gelerntes austauschen können und abends passiv alleine zuhause sitzen
und Netflix gucken. Dazu müssen wir aber auch schon jetzt den Raum
haben, in dem wir lernen können, aktiv emanzipatorisch zu handeln und
miteinander umzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Vivien Pejic
PS: Angehängt finden Sie die vollständige erwähnte E-Mail, sowie unsere
studentische Pressemitteilung dazu, die von der PNN
<https://www.pnn.de/potsdam/studi-cafe-der-universitaet-potsdam-konflikt-um-44-quadratmeter/27026058.html>
aufgegriffen wurde.
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