[Kulturtermine] Veranstaltung am 5.Mai in Potsdam: Rechte Tendenzen im Black Metal

Jan Glogau kultur at asta.uni-potsdam.de
Di Apr 11 14:47:15 CEST 2006


/Veranstaltungshinweis mit der Bitte um Veröffentlichung

Infoabend und Diskussion mit den Autoren Christian Dornbusch und 
Hans-Peter Killguss über das Thema:
*„Unheilige Allianzen: Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und 
Neonazismus“*

Freitag, 5. Mai 2006, 19 Uhr
Buchladen Sputnik, Charlottenstraße 28, Potsdam
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Im Schatten des Black-Metal-Mainstreams hat sich eine Underground-Szene 
aus Bands, Fans und Magazinen entwickelt, die sich zwischen Satanismus, 
Heidentum und offener Glorifizierung des Nationalsozialismus bewegt. Die 
Anhänger eines sozialdarwinistisch geprägten Satanismus beanspruchen als 
selbsternannte ›Elite‹ ein ›Recht des Stärkeren‹ und propagieren die 
Vernichtung all dessen, was in ihren Augen schwach ist.

Um sich vom Christentum abzugrenzen, begeben sich andere Musiker auf die 
spirituelle Suche nach ihren ›eigenen‹ Wurzeln. Sie erheben das 
germanische Heidentum zur Heilsreligion, fordern ein Leben nach 
vermeintlichen Gesetzen der Natur und die Vertreibung derer, die nicht 
ihren Vorstellungen entsprechen. Obgleich von der Öffentlichkeit weniger 
beachtet, haben die extrem rechten Bands des Genres unter dem Label 
NS-Black-Metal den Schulterschluss mit ihren ›Brüdern im Geiste‹, den 
neonazistischen Skinheads, längst vollzogen.

*Zu den Referenten*

2005 haben die Referenten das Buch "Unheilige Allianzen" veröffentlicht, 
dass sich wie der Infoabend mit dem Thema "Rechte Tendenzen im Black 
Metal" auseinandersetzt.

/Christian Dornbusch/
Christian Dornbusch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am 
Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus an der FH 
Düsseldorf. Mitherausgeber des Sammelbandes »RechtsRock.«(2002). 
Veröffentlichte in den letzten Jahren diverse Aufsätze zu extrem rechten 
Tendenzen in Jugendkulturen.

/Hans-Peter Killguss/
Hans-Peter Killguss, Anfang der 90er-Jahre Herausgeber eines kleinen 
Heavy-Metal-Fanzines, arbeitet in der politischen Bildungsarbeit.

*Veranstalter

*Der Infoabend wird veranstaltet vom Antifaschistischen Pressearchiv und 
Bildungszentrum Berlin e.V. (Apabiz) und vom Antifaschistischen 
Pressearchiv Potsdam. Wir bedanken uns für die Unterstützung durch die 
Rosa-Luxemburg-Stiftung.

*Rezensionen *(des Buches, auf dem die Veranstaltung basiert)

/Rock Hard, Nr. 226 (März 2006, Götz Kühnemund)/
Auf weit über 300 Seiten beschäftigen sich Christian Dornbusch und 
Hans-Peter Killguss mit den Themen Satanismus, Heidentum und 
Rechtsradikalismus im Black Metal der letzten 15 Jahre. Während die 
„religiöse" Seite des Ganzen (weil sie oft nicht sehr tiefgründig ist) 
nur am Rande behandelt wird, steht der Zusammenhang zwischen heidnischen 
und politischen Motiven im Zentrum des sehr akribisch recherchierten, 
teilweise bebilderten Buches. Was auf den ersten Blick oft „harmlos" und 
„unpolitisch" aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung leider in 
vielen Fällen als bedenklich oder doch zumindest als gefährlich naiv. 
Die Zahl derer, die rechtsradikale, völkisch verklärte Tendenzen im 
Black Metal ohne jede Gegenwehr tolerieren, ist seit Mitte der Neunziger 
leider nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: In fast allen 
Metal-relevanten Ländern hat sich eine so genannte NSBM-Szene 
(„nationalsozialistischer Black Metal") herausgebildet, die sich weit in 
den „reinen" Black Metal hinein verzweigt. Die von uns auf den folgenden 
Seiten porträtierten Musiker gehören natürlich nicht in diese Schublade 
- aber es ist trotzdem höchste Zeit, dass sich die Black-Metal-Szene 
darüber bewusst wird, dass sie von Rechten instrumentalisiert und massiv 
unterwandert wird. Welcher echte Metaller lässt sich so etwas 
widerstandslos gefallen? Wacht endlich auf, Leute, und verteidigt eure 
Szene!

/Der Inbegriff des Blöden (TAZ Nord vom 16.12.2005)/
Bloße Provokation? Die Black-Metal-Szene propagiert lautstark 
"neogermanisches Heidentum" als vermeintlich "arteigene Religion". 
Christian Dornbusch und Hans-Peter Killguss haben sie erforscht
Der Song "Wolfzeit" hat eine Message. "Zweitausend Jahre des Irrtums und 
des Verrats (...) Doch die Zeit der Schmach geht zu Ende (...) All das 
Nutzlose, all das Schwache und Alte wird zerschmettert (...). Wir sind 
die Rächer der betrogenen Ahnen, wir sind die Henker des verdammten 
Judengottes", intoniert "The true Frost". Der Song ist in diesem Jahr 
auf der LP zum 10-jährigen Bestehen der Black Metal- Band aus Salzgitter 
erschienen.
Deren Frontmann Sadorass alias Sven Goldberg behauptet allerdings, sie 
hätten "keinen einzigen politischen Text". Lapidar erklärt er in einem 
Szenemagazin: "Was wir für Einstellungen haben, ist natürliche eine 
andere Sache." Konkreter erläutert er diese in einem griechischen 
Fanzine: "Wir sind die Feinde von Jhwh (Jahwe) und seines Stammes." Als 
extrem rechts will die Band trotzdem nicht verstanden werden. Obwohl sie 
auch den Rechtsrockklassiker von Tonstörung "Deutschland erwache" 
coverte: "Heil dem Führer. Heil dem Volk. Heil dem Reich, auf in den 
Krieg." "Die Botschaft ist ja wohl klar", meint Goldberg.
Provokation oder Politik, Inszenierung oder Intention? In der 
Öffentlichkeit wird Black Metall (BM) oft als "Inbegriff des Bösen" 
wahrgenommen. Die Virulenz satanistischer Motive oder misanthropischer 
Figuren verstört. Schnell wird die Szene, für die das "Böse" meist bloß 
Pop ist, pauschal verurteilt.
Reflektiver untersuchten Christian Dornbusch und Hans-Peter Killguss 
diese Ambivalenzen in den brutalen Akkorden: Ihr Buch "Unheilige 
Allianzen", das heute Abend in Kiel vorgestellt wird, ist das erste, das 
die ideologischen Hinter- und Abgründe der Szene ausleuchtet. Befund: 
Seit gut zehn Jahren entwickele sich im BM eine "extrem rechte Szene", 
so Dornbusch. In diesem rechten Netzwerk aus Bands, Labels, Fanzines und 
Konzertorganisationen ist BM "more than music". Oder wie "Absurde Horde" 
es ausdrückt: "Weißer (BM) entstammt unserem völkischen 
Unterbewusstsein. (...) Die natürlichste Ideologie für den (BM) ist der 
Nationalsozialismus." An die 50 deutsche Bands bezeichnen Dornbusch und 
Killgus als "extrem rechts". So etwa "The true Forst" oder "Totenburg".
Diese Bands verdichten extrem rechte Settings. Als nicht rechte Band 
bewerten sie "Endstille". Die Kieler, sagt Dornbusch, hätten "nur ein 
Interesse am Zweiten Weltkrieg". Krieg und Chaos seien ihr Thema. Extrem 
rechte Bands würden jedoch vor allem ein "neogermanisches Heidentum" 
propagieren. Die "arteigene Religion" ist zugleich eine Kampfansage an 
das Juden- und Christentum, die als "artfremde Mitleidmoral" bekämpft 
werden.
Gern hören die Fans: "Der Hammer zerschmettert das Kreuz" der Kultband 
"Absurd": "Eisig weht der Wind vom Norden, der die Glut entfacht. 
Feindesherrschaft muss vergehen, fremder Glaube fällt. Hammerschlag 
malmt zu Vergangnem, die das Kreuz gewählt." Ab 1993 erlangte die Gruppe 
um Hendrik und Ronald Möbus einen Kultstatus. Mit zwei Komplizen hatte 
Hendrik Möbus den Mitschüler Sandro Beyer getötet. Heute sitzt er wegen 
Vertrieb neonazistischer Musik und Leugnung des Holocaust in Haft. Sein 
Bruder erhielt eine bessere Sozialprognose: Das Gericht bewertete 
wohlwollend, dass er das Label "Nebelfee-Klangwerk" gründete. Bis heute 
bietet das extrem rechte Produktionen an. Debatten um dessen politische 
Aufladung laufen in der BM-Szene selbst. Aber um Erfolg zu haben, so 
Dornbusch, müsse die Auseinandersetzung noch viel stärker in und mit ihr 
geführt werden.

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